Lernkonzepte

Weiterbildung in einer hochregulierten Branche

Nick SpielkampSaarbrücken, Oktober 2017 - Kreditinstitute und Versicherungen zählen zu den Unternehmenstypen, die ihre Mitarbeiter regelmäßig auf dem neusten Stand halten müssen, was neue Gesetze, Vorschriften und Regularien anbelangt. Im Experteninterview verrät Nick Spielkamp, Senior Sales Manager IMC Schweiz, wie Unternehmen die größten Herausforderungen in diesem Bereich erfolgreich meistern können und wie ganzheitlich durchdachte Lernkonzepte für die Branche aussehen sollten.

Seit wann werden von Banken und Versicherungen eLearning Lösungen zur Weiterbildung genutzt und welche sind die klassischen Lernerzielgruppen?

Nick Spielkamp: Die Finanzdienstleistungsbranche zählte definitiv zusammen mit anderen hochgradig regulierten Branchen, wie beispielsweise der Luftfahrtindustrie oder der Pharmaindustrie, zu den Early Adopters und somit ersten Anwendern, was eLearning Lösungen anbelangt. Etwa 2001 haben in der Schweiz zahlreiche Versicherungsinstitute und Großbanken, die schon damals verschiedene Pflichtschulungen aufgrund regulatorischer Vorgaben über elektronische Lernplattformen verfügbar machen mussten, digitale Weiterbildungslösungen eingeführt.

Was die Inhalte angeht, kann zwischen digitalen Trainingsangeboten unterschieden werden, die die gesamte Belegschaft betreffen (zum Beispiel zu immer wichtiger werdenden Themen wie Datenschutz und Informationssicherheit) und Schulungsmaßnahmen, die nur für Berater mit ganz bestimmten Kundengruppen relevant sind (beispielsweise Bankberater mit Kundengruppen im EU-Raum, die von der neuen EU Finanzmarkt-Regulierungsrichtlinie MIFID II betroffen sind).

Und wie hat sich digitale Weiterbildung in Bezug auf Compliance in diesen Branchen in den letzten Jahren weiterentwickelt?

Nick Spielkamp: Zum einen beobachten wir bei unseren Kunden aus dem Banken- und Versicherungswesen seit der Finanzkrise einen noch stärkeren Trend weg von reinen Präsenz-Schulungen hin zu komplexen Blended Learning-Angeboten mit einem hohen Anteil an digitalem Training. So werden beispielsweise Schulungen zu neuen Regulierungsthemen, die bislang als mehrtägige Präsenzseminare angeboten wurden, heute verstärkt als sich ergänzende Mischformen von digitalen Lernmodulen und Präsenzeinheiten durchgeführt.

In den digitalen Trainings werden die Schulungsinhalte durch die Lerner selbständig erarbeitet, um so die Präsenzseminare optimal vorzubereiten. Dadurch bleibt dann in den Präsenzterminen genügend Zeit, um das praktische Wissen anhand konkreter Anwendungsbeispiele in Rollenspielen zu festigen. In Bezug auf die Realisierung solcher komplexen Trainingsangebote beraten wir unsere Finanz-Kunden ganzheitlich von der Strategie-Planung über die Konzeption bis hin zur Umsetzung der Trainings.

Wo liegen für Banken und Versicherungen heute die größten Herausforderungen für digitale Weiterbildung?

Nick Spielkamp: Wir beobachten, dass die Trainingsabteilungen der Banken und Versicherungen zunehmend mit knapperen Zeitvorgaben für die Durchführung von Trainingsinitiativen, die von externen Regulatoren vorgegeben werden, konfrontiert werden. Hinzu kommt das beschränkte Zeitkontingent, das beispielsweise den Kundenberatern für die Durchführung der Trainings zur Verfügung steht.

Neben den schon erwähnten mehrstufigen Blended Learning-Szenarien ist aktuell eine zunehmende Nachfrage nach Trainingslösungen zu beobachten, die optimal in den Arbeitsalltag der Kundenberater integriert werden können, um bei aktuellen Themen, neuen Produkten oder aktuellen Sicherheitsthemen die Schulungsinhalte sehr schnell zu vermitteln. Das bedeutet, dass verstärkt Lösungen benötigt werden, bei denen die digitalen Lerninhalte sehr effizient und flexibel von den Learning- und Development-Abteilungen unserer Kunden erstellt werden können.

Zum anderen werden Lösungen nachgefragt, die möglichst flexibel und ohne großen Aufwand zu jeder Zeit und an jedem Ort genutzt werden können. Diese Zielsetzungen erreichen wir mit kompakten mobilen Trainingsangeboten, die den Kundenberatern zu bestimmten Uhrzeiten bereitgestellt werden und dank motivierender Gamification-Elemente bei dieser Zielgruppe eine hohe Durchführungsrate erzeugen.

Wie können Anbieter digitaler Weiterbildungslösungen dazu beitragen, diese Herausforderungen zu meistern?

Nick Spielkamp: Auf Anbieterseite müssen Lösungen ins Portfolio aufgenommen werden, die die beschriebenen Herausforderungen ganzheitlich adressieren und so die Prozesse über den gesamten Trainings-Lifecycle unterstützen. Es reicht nicht mehr aus, beim Kunden eine Lernplattform einzuführen und ergänzend ein klassisches Web-based Training bereitzustellen. Vielmehr müssen sich die Anbieter im Rahmen der Anforderungsanalyse Gedanken machen, wie sie die verschiedenen Phasen, ausgehend vom BewusstseinSchaffung über die digitale Vorbereitungsphase und die Präsenz-Seminare bis hin zur On-the-Job-Phase, mit verschiedenen Trainingsformaten begleiten können.

Extrem wichtig ist auch, dass die einzelnen Module einer solchen Learning Journey optimal ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt sind und dass dies bereits bei der Konzeption der Blended-Learning Lösungen berücksichtigt wird.